Soziale Verrohung oder Die
Gleichgültigkeit sozialen Bewusstseins
Es
sind nur Kleinigkeiten, die mir immer wieder auffallen. Die aber
kontinuierlich. Angefangen beim Entmüllen von Hosentaschen, Autos und Anderem
was man eben mal unterwegs fallen lässt. Getränkedosen und Flaschen, Eispapier
usw. Das gab es auch früher schon. Aber lange nicht in dem Ausmaß. Selbst wenn
ein leerer Papierkorb keine drei Meter entfernt steht. Und ich rede hier nicht
von Menschenansammlungen irgendwelcher Events, die sind dann nochmal eine ganz
andere Hausnummer, sondern vom ganz normalen Alltag.
Der Neoliberalismus fördert die zwischenmenschliche Verfeindung (irgendwo aufgeschnappt. Verstehen tue ich ihn nicht wirklich)
„Zwei
Jungen begegnen irgendwo in den amerikanischen Wäldern einem aggressiven
Grizzlybären. Während der eine in Panik gerät, setzt sich der andere
seelenruhig hin und zieht sich seine Turnschuhe an. Da sagt der in Panik
Geratene: ‚Bist du verrückt? Niemals werden wir schneller laufen können als der
Grizzlybär.‘ Und sein Freund entgegnet ihm: ‚Du hast Recht. Aber ich muss nur
schneller laufen können als du.‘“ (Robert Stern)
Diese
kleine Geschichte zeigt wunderbar auf “Jeder ist sich selbst der Nächste“ Das
ist genau die realistische Sichtweise zu. – “Ich bin tolerant und jeder soll
tun was ihm beliebt solange er andere … bla, bla, bla“. Ich hasse diese
nichtssagende Floskel.
Toleranz ist, wie ich schon anderweitig ausführte. etwas
zu dulden. Jemanden, oder Etwas Raum zu geben, von dem Raum den ich bis dato
besetzte. Genau gesagt, Toleranz beginnt da wo ich mich, wegen des Anderen zurück
nehme. Alles andere ist Gleichgültigkeit. Und aus dieser Gleichgültigkeit
resultiert auch „wenn ich schneller bin als du – wirst du gefressen und ich bin
sicher. Siehe obige Geschichte. Statt zusammen einen schweren Ast an zu spitzen
und gemeinsam gegen den Feind zu stehen. Und so beide zu retten. Nee, nee erst
mal zählt allein die Individualität. Hauptsache ich.
Aus
dieser “Moral“ heraus ist es eben leicht zu sagen “Ich toleriere jeden.“ Nein,
ich interessiere mich nur nicht für ihn. Und letztendlich ist es mir egal was
der Andere tut. Und das wird dann Toleranz genannt. In Wahrheit ist es eben nur
Gleichgültigkeit und genau aus dieser Haltung wird aus Hilfsbedürftigkeit
schließlich Einsamkeit. Und in der Einsamkeit wird die Hilflosigkeit geboren.
Wo die Spirale der Verdrießlichkeit, so nenne ich sie, anfängt? Ich weiß es
nicht genau. Bei jedem mag ein anderer Ansatz sein, aber fast jeder kommt da
einmal rein. Allein wie lange wir verweilen liegt an uns selbst.
Das
raus kommen aus der Gleichgültigkeit ist so einfach, so simpel, ja jeder Idiot
kann das, ebenso wie jedes Genie. Begegnet den Menschen denen ihr begegnet.
Lächelt einander an wenn ihr mit dem Rad einander begegnet, sucht den
Augenkontakt. Ist übrigens auch nebenbei hilfreich wenn die Vorfahrt nicht
eindeutig ist. Oder wenn ihr morgens in die Bahn steigt, sagt einfach mal laut
(nicht schreien) es reicht die direkte Umgebung, sagt einfach mal Moin.
Wahrscheinlich wird niemand reagieren, macht das eine Woche lang ein paar
werden den Gruß erwidern. Wenn nun wirklich keiner reagiert nehmt einen Bus / Bahn
später versucht dasselbe. Wenn ihr Glück habt antworten einige freundlich, und
das kann sich ausbreiten. Nicht ignorieren, nicht tolerieren, annehmen
Tolerante
Menschen geben anderen Raum in ihrem Raum und lassen nicht einfach nur ihre
Existenz zu. So einfach ist das.
Ich
kann alle ignorieren, das geht. Es ist aber unmöglich alle zu tolerieren. Alle
in meinen Lebensraum zu holen. Und ebenso wie ich einige toleriere muss ich
einige ignorieren und einigen verweigere ich meine Toleranz. Individualität ist
nicht alles zu machen was einem gerade in den kopp kommt, sondern die
Möglichkeiten zu variieren, in denen ich mich bewege.
Für
mich ist das eine einfache Sache!
Liberal
bedeutet alles zu zulassen was nicht direkt meinen individuellen Lebensraum
beeinträchtigt. Und das ist eine absolut kaltherzige Gleichgültigkeit der Gemeinschaft
gegenüber in der man lebt und selber Raum beansprucht.
Egoismus
in reinster Klarheit. Für mich die widerlichste Art zu leben.
Ein
soziales Leben sieht anders aus. Ein “Wir“ wird nicht erreicht, durch das
Ignorieren aller anderen, sondern das kümmern. Das aneinander Anteil nehmen. Durch
das Wahrnehmen des Anderen und eben den Willen zum Austausch.
Ich
bin selbst sicher kein Moralprediger und viele der von mir kritisierten
Verhaltensweisen treffen auch auf mich zu. Allerdings hab ich nie vorgegeben tolerant
zu sein, sogar das Gegenteil. Aber ich habe auch nicht andere verflucht die
anderer Meinung waren, anders handelten. Spricht sich jemand für die
bedingungslose Aufnahme von Flüchtlingen aus. Soll er das tun. Spricht sich
jemand für einen Stopp der Aufnahme aus. Soll er das tun. Aber in jedem einen
Nazi sehen der Ängste hat vor so vielen aus fremden Welten. Andererseits jeden
als Volksverräter und schlimmeres zu beschimpfen der sich für diese Flüchtlinge
einsetzt ist dem jeweils anderen völlig gleich, er lebt in Ignoranz und
Verachtung.
Toleranz
ist auch das zu zulassen das der Andere Gefühle, Empfindungen und Meinungen hat
die man selber weder für gut befindet, noch nachvollziehen kann. Und nochmal,
die Moschee zulassen drei oder vier Querstraßen weiter ist keine Toleranz
sondern Gleichgültigkeit, das dagegen sein eine eher unbegründete Angst, das
aktiv dafür oder dagegen einsetzen. Ein Einmischen in Dinge die dich nicht
betreffen. Misch dich ein gegen das wegschauen, gegen das Wegwerfen von Müll in
Parks usw.
Nägel mit Köppen
Eine
Moschee zu zulassen ein paar Straßen weiter ist kein Merkmal für Toleranz und
schon gar nicht für ein soziales Gewissen.
Eine
Moschee in derselben Straße, 50m weiter oder näher ist Toleranz, wenn diese
Moschee auch Minarette hat plus Ausrufer ist das hochgradig tolerant oder aber
auch nur Ohnmacht.
Flüchtlinge
aktiv zu unterstützen ist nicht tolerant, nein das ist soziales Handeln. Den
Obdachlosen aber ignorieren der seit Jahren vor dem Supermarkt bettelt wo du
einkaufst, das ist asoziales Handeln, ihn dort zu dulden ist aber durchaus
tolerant. Oder aber auch Gleichgültigkeit.
Die
Oma ins Altenheim zu bringen ist manchmal eine soziale Notwendigkeit und
manchmal ein soziale Kälte die ihresgleichen sucht.
Asylheime
in Brand setzen ist immer asoziales Verhalten und terroristische Aktion. Gegen
überfüllte Asylheime sich einsetzen kann durchaus sozial motiviert sein.
Einem
Anderen von dem zu geben was man selber nicht braucht bedarf einer minimalen
sozialen Einstellung aber keinerlei Toleranz
Einem
Anderen von dem zu geben was man selber benutzt zeugt von sozialem Gewissen und
von Toleranz
Einem
Anderen von dem zu geben was man selbst braucht von dem man nicht selbst genug
hat das ist ein hohes soziales Gewissen und eine hohe Toleranz.
Das
trifft auf die unterschiedlichsten Möglichkeiten und Beispiele zu. Auch auf
Meinungsbildung und politische Einstellungen.
Soziales
Gewissen ist eine Sache die man lernt. Toleranz ist eine Charaktereigenschaft.
Macht was draus, bei euch, nicht bei Anderen. Aber nicht gegenüber euch sondern
gegenüber dem Anderen.
Keine
Sorge ich bin teilweise und auch genauso oft verwirrt darüber wenn ich das
versuche bei mir zu integrieren.
Der religiöse Aspekt
Glaubensausrichtungen und ihre diversen Gemeinschaften, gleich welcher Ausrictung, welchen Göttern sie auch folgen, haben irgendwo in ihrem Wertgefüge mal mehr oder weniger differenzierte Formen der Toleranz, der Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft in ihre Lehren integriert. Ob und in welcher Form diese durch ihrer Angehörigen vertreten werden soll hier nicht erörtert werden, nur in soweit, keine erfüllt wirklich ihren eigenen Anspruch. Einige Einzelne, unabhängig welchem Glauben sie angehören, gelingt das vorbildlich, doch es ist nicht die Regel.
In meinem Glauben ist das nicht anders. Gastfreundschaft genießt höchste Priorität. In der Praxis bin ich weiter davon wech als Kim Jong An von einem Job beim Emma-Magazin.
Natürlich empfange ich gelegentlich Besuch, der auch Speis und Trank und auch schon einen Schlafplatz erhielt, aber das waren ausgesuchte Leute. Ich spendete für Greenpeace, für Kinder denen sterbend ein letzter Wunsch erfüllt wurde. Für Tierrettung auch schon usw. nach dem Tsunami griff ich tiefer in meine Tasche als sonst.
Doch würde ich meine Nachbarn aufnehmen wenn denen die Bude ausbrennt? So und das jetzt auf größere Ereignisse übertragen??? Ich mag garnicht drüber nachdenken. Ich schäme mich ddeswegen sogar, Aber nicht soweit das ich es aus dem Stand ändern wollte, könnte, würde.
Ich weiss auch nicht wie das genau zu lösen ist.
Ich weiss aber das unsere Gesellschaft, unsere Welt so aufgebaut ist das das Individuelle über allem steht und das einfachste Wir schon enorm schwierig ist für den Einzelnen.
Ich bin beim Bewusstwerden und beim Umdenken, beim Handeln noch nicht, das bekomme ich noch nicht hin, aber ich bin mir dieser Unzulänglichkeit wenigstens schonmal bewusst. Ich will nicht sozial verohen!
Und DU?
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